Von modernen Italienern und den begeisterten Deutschen
Wie Michael Praetorius und Christoph Bernhard mit ihrer Beschreibung italienischer Gesangskunst eine ganze Folge von musikpädagogischen Werken in deutscher Sprache anstoßen – fast hundert Jahre lang!
Die Zeit zwischen 1530 und 1580 bringt in Italien eine Vielzahl von Büchern über die Kunst der instrumentalen Diminution hervor, ab etwa 1580 bis in die 1620er Jahre hinein übernehmen dann Lehrwerke für Gesang »den Markt«. Musik wird in Italien fortan in hohem Maße produziert und publiziert, aber die Veröffentlichung von Lehrwerken schläft nahezu ein.
Interessanterweise wird diese italienische Tradition der Diminutions- und Verzierungs-Schulwerke im deutschen Sprachraum aufgegriffen und bis nach 1700 weitergeführt.
Den Anfang macht Michael Praetorius (1571-1621) mit dem allerletzten Kapitel (Kapitel 9 im dritten Band) seines »Syntagma Musicum« von 1619: »Wie die Knaben, so vor andern sonderbare Lust und Liebe zum singen tragen, uff jetzige Italianische Manier zu informieren, und zu unterrichten seyn.«
Dabei bezieht sich Praetorius direkt auf Giovanni Battista Bovicelli (1594) und Giulio Caccini (1601) und deren Auffassung von »Gutem Geschmack«. Mit seinen Ausführungen in deutscher Sprache begründet Praetorius eine ganze Reihe von Schriften, die die italienischen Traditionen des 17. Jahrhunderts über die Alpen transportieren und etablieren.
Der andere wichtige Vermittler, auf dessen Publikationen sich ebenfalls eine Linie von Autoren beruft, ist der jüngere Christoph Bernhard (1628-1692), der als Musiker am Warschauer Hof quasi ausschließlich von italienischen Sängern und Instrumentalisten umgeben war. Dass Bernhard gleich mehrfach für längere Zeit in Italien weilte, bringt ihn – ähnlich wie seinen älteren Kollegen Heinrich Schütz – ganz nah und direkt in das Land, in dem bis etwa 1700 alle ihrer Inspiration zu suchen scheinen.
